Ausgabe Mai 2014 - Markt

Native und HTML5

Zwei Arten von Mobil-Apps:

Thomas Martens, VP Product Marketing bei Cubeware
Thomas Martens, VP Product Marketing bei Cubeware. Quelle: Cubeware

Wer mobile IT-Anwendungen einsetzen möchte, steht vor einer Wahl: Sollen HTML5-basierte Applikationen oder native Apps – für jede relevante Mobilplattform (wie Apples iPhone/iPad-Familie, Windows Mobile oder Android) – für die Benutzer bereitgestellt werden.

Wenn es um die Aufwandsabschätzung beim Erstellen von Apps angeht, ist die Frage einfach zu beantworten: Je weniger Plattformenzu unterstützen sind, umso geringer der Aufwand. Daher findet der Ansatz mit HTML5 bei vielen App-Herstellern großen Gefallen – ist doch in diesem Fall auf den Endgeräten nur ein Browser nötig, der HTML5 unterstützt.

Das Pro und Contra speziell bei mobilen Anwendungen im Bereich von Business Intelligence (BI) diskutiert Solutions for Business mit Thomas Martens, VP Product Marketing bei Cubeware.

Vorteile

Unternehmen sind mit nativen Apps gut beraten. Quelle: Cubeware
Unternehmen sind mit nativen Apps gut beraten. Quelle: Cubeware

Wenn es in diesen Tagen um mobile IT-Anwendungen geht, kommt es meist auch zu einem Gespräch über deren Entwicklungsbasis. Dabei haben sich zwei Ansätze als zielführend herausgestellt: HTML5 und native Apps.

Bei HTML5 handelt es sich um eine textbasierte Auszeichnungssprache zur Strukturierung und semantischen Auszeichnung von Inhalten wie Texten, Bildern, Hyperlinks etc. im WWW. Im Gegensatz zu den Vorgängern der Dokumentenbeschreibungsstandards unterstützt HTML5 ohne zusätzliche Plug-Ins Mediendarstellungen wie Videos, Audiodateien und dynamische Grafiken. HTML5-basierte Apps unterstützen diese Funktionalitäten demnach auch. Da es sich um eine Web-Entwicklung handelt, greifen HTML5-Apps über einen Webbrowser auf Inhalte zu.

Eine native App ist eine spezifische Anwendungssoftware für ein mobiles Betriebssystem (OS). Sie wird direkt auf dem Device installiert und interagiert über das Betriebssystem ohne Umwege mit der Hardware des jeweiligen Geräts. Im Prinzip stehen so alle Funktionalitäten des OS und des Geräts zur Verfügung.

„Da es sich bei HTML5 um einen Webstandard handelt und er ohne zusätzliche Plug-Ins auskommt, sind darauf basierte Apps im Prinzip unabhängig von der Geräteklasse – Smartphone oder Tablet – , vom Gerätetyp wie etwa Hardware oder Bildschirmgröße sowie vom eingesetzten OS, wie zum Beispiel iOS, Android oder mobile Windows-Derivate“, erklärt Thomas Martens. In Kombination mit dem Design- und Technologieansatz „Responsive Webdesign“ könne sich eine HTML5-basierte App automatisch den jeweiligen Eigenschaften des aufrufenden mobilen Endgeräts anpassen, so Martens: „ Dadurch muss sich die IT/Entwicklung nur um eine App kümmern und die Anwender können mit beliebigen Devices darauf zugreifen.“

Enge Verdrahtung

Eine native App lebt von der engen „Verdrahtung“ mit dem jeweiligen Betriebssystem und der Gerätehardware. „Dadurch erreicht sie ein nicht zu übertreffendes Maß an Usability, Performance, Funktionalitätsdichte und Look & Feel“, stellt Martens heraus. „Sie passt sich nativ ihrer Umgebung an. Entwickler finden ein gut dokumentiertes Rahmenwerk vor und können bei Bedarf jedes Feature des Geräts ansteuern und pointierte Lösungen umsetzen. Anwender können nach den bekannten Bedienparadigmen mit der App interagieren und müssen keine Umwege über den Browser gehen.“ Dies erhöhe, so Martens, nachweislich die Akzeptanz von mobilen Apps im Berufsalltag.

Nachteile

Doch es trüben einige Aspekte diese aufgezählten Vorteile. Denn HTML5 ist nach wie vor nicht einheitlich als Standard verabschiedet worden. „Es existieren zwei verschieden Arbeitsmodelle von W3C und WHATWG“, erläutert Martens.

Es handele sich bei HTML5 also um einen „quasi de-facto-Standard“. Dies habe zur Folge, so der VP Product Marketing bei Cubeware, dass sich sowohl Entwickler als auch Anwender in die indirekte Abhängigkeit der Webbrowser-Anbieter begeben. „Vorgenommene Spezifikationen an den Browsern haben direkte Auswirkungen auf HTML5-Apps. Features, die in der Vorgängerversion reibungslos funktionierten, können in der neuen Version Fehler verursachen“, gibt Martens zu Bedenken. „Durch die sehr kurzen Release-Zyklen im Browser-Umfeld sind also kontinuierliche Nachbesserungen von Nöten. Der Wartungsaufwand steigt, trotzdem nur eine App angeboten wird.“

Technologielücke mit Problemen

Diese „Technologielücke“ sorge auch auf Anwenderseite für Probleme: „Neben der Performance und dem Look & Feel, die bei nativen Apps besser bedient werden können, kann die Usability durch den – vorübergehenden – Wegfall von Features – und damit auch die Anwender-Akzeptanz – gefährdet werden“, räumt Martens ein.

Aber auch die native Apps haben Problembereiche: „Sie müssen für jedes mobile OS speziell entwickelt und angepasst werden“, gibt Martens zu Protokoll. „Der Entwicklungsaufwand ist bei einer fragmentierten Unternehmens-IT und bei der Unterstützung einer BYOD-Strategie als hoch einzustufen. Bei einer BYOD-Strategie laufen Anwender Gefahr, dass für ihre Devices entweder keine native App angeboten wird oder aber nur eine ältere Version gegenüber einem anderen OS zur Verfügung steht.“ Dies könne den Frustfaktor erhöhen.

Bedeutung für Mobile BI

Wie bei allen Applikationen steht auch bei „Mobile BI“ der Anwendernutzen im Vordergrund. Deshalb ist es für Unternehmen dringend notwendig, gemäß der dargelegten Vorteils-/Nachteils-Argumentation, eine Mobile-BI-Strategie aufzusetzen, die Hand in Hand mit der allgemeinen Mobility-Strategie geht.

„Führt man sich aktuelle Marktzahlen im mobilen Bereich vor Augen, ist – anders als im Consumer-Bereich – die Fragmentierung in der Geschäftswelt nicht gravierend“, gesteht Martens ein. Bei den mobilen Betriebssystemen in der Geschäftswelt führt in Deutschland, nach aktuellen Daten der Marktforscher von Lünendonk, Apple iOS mit 74,4 Prozent Marktanteil, mit weitem Abstand gefolgt von Blackberry mit 47,8 Prozent und Android mit 45,6 Prozent (Mehrfachnennungen waren in der Umfrage möglich).

An Apples Führungsrolle dürfte sich angesichts der Business-Funktionen von iOS 7 auch in naher Zukunft wenig ändern. Auch hinsichtlich des Themas BYOD ist die Stimmung, laut den Analysten von Forrester, in Europa verhalten. Bislang sind nur 15 Prozent der europäischen Unternehmen über die Pilotphase hinausgekommen. Lediglich 9 Prozent davon beziehen Tablets in die Strategie mit ein.

Daher sieht Martens ein klares Fazit: „Unternehmen, die hinsichtlich der Mobilmachung von Business Intelligence beziehungsweise im Hinblick auf die Enterprise-Mobility-Strategie keinen BYOD-Ansatz verfolgen, sind in den essentiellen Bereichen Performance, Usability, Look & Feel, Wartung und Support mit nativen Apps also nach wie vor gut beraten.“

Rainer Huttenloher