Ausgabe 2014 KW 40

ERP-Studie

Trovarit-ERP-Studie: Anwender verteilen Zeugnisse für ihre ERP-Lösungen

Intensive Kundenpflege punktet bei  Anwenderzufriedenheit

Karsten Sontow, Vorstand Trovarit AG, Quelle: Trovarit

ERP-Systeme haben sich in nahezu allen Unternehmen etabliert, wenn es darum geht, die Effizienz und Transparenz der Aufgaben und Abläufe im Finanzwesen ebenso wie wesentlicher Bereiche der Auftragsabwicklung (Vertrieb, Waren-/Materialwirtschaft, Produktionsplanung und -steuerung und Projektmanagement) zu steigern. Insbesondere im Rahmen der zunehmenden Digitalisierung von Unternehmensprozessen nehmen sie dabei eine zentrale Rolle ein: Als datenführendes Kernsystem verwaltet es alle Stamm- und Bewegungsdaten redundanzfrei und ermöglicht deren konsistente Nutzung für sämtliche Anwendungen entlang der Auftragsabwicklung. Auf der IT & Business werden am ersten Messetag (8.10.2014) von 14:30 bis 15:00 Uhr auf dem Business Forum ERP in Halle 4 in einem Vortrag weitere Details aus der Studie präsentiert.
Die Trovarit-Studie „ERP in der Praxis“ untersucht vor diesem Hintergrund seit nunmehr 10 Jahren regelmäßig aus Sicht der ERP-Anwender, wie die ERP-Realität in Unternehmen aussieht. 2014 vergaben die knapp 2.400 Teilnehmer mit gültigen Fragebögen insgesamt die Schulnote „gut“ an 44 ERP-Lösungen. Im Vergleich zu 2012 hat sich die Anwenderzufriedenheit insgesamt damit leicht verbessert.

Intensive Kundenpflege

Systeme im Zufriedenheitsportfolio „Zufriedenheit insgesamt“ i.A. der Kundenbasis, Quelle: Trovarit

Wie in den Vorjahren schneiden „schlanke“ ERP-Lösungen, ausgesprochene Branchenlösungen und/oder Lösungen kleinerer Anbieter am besten ab, deren Kunden vor allem den kleineren und mittleren Unternehmen zuzurechnen sind. So erhielten einige der ERP-Lösungen besonders gute Noten, die sich vor allem bei kleineren Unternehmen finden, wie z.B. TOSCA (CH), die Cloud-Lösung myfactory, Orlando (AT) oder HS - Hamburger Software (D). Auch ausgesprochene Branchenspezialisten, wie z.B. work … for all! (Professional Services/D), MAJESTY (Feinwerk-/Medizintechnik/D), SIVAS (Anlagenbau/Projektfertigung/D) oder OpaccOne (Groß-/Filialhandel/CH) liegen bei den Bewertungen ihrer User über dem Durchschnitt.

Die besten Lösungen für größere Anwender finden sich dagegen im hinteren Mittelfeld. Angeführt von der mittlerweile zu BISON gehörenden Filialhandelslösung x-trade, die sich derzeit bei knapp 50 Kunden im Einsatz befindet. Mit erheblichem Abstand folgen in dieser Gewichtsklasse SAP ERP und – mit spürbarer Verbesserung gegenüber den Vorjahren - Infor ERP LN sowie IFS Applications.

Die Anbieter der Lösungen mit weit überdurchschnittlichen Zufriedenheitswerten pflegen meist eine offene und vor allem sehr intensive Kommunikation mit ihren Kunden. Ein weiterer Vorteil ist hier sicher auch, dass Systementwicklung, Systemintegration – also Einführungsdienstleistungen – und zum Teil auch die Betreuung in der Betriebsphase meist buchstäblich „aus einer Hand“ kommen. Dies gilt auch für die ERP-Systeme, die sich eher in mittleren Unternehmen finden und dort deutlich überdurchschnittlich abschneiden, wie syslog.ERP, MegaPlus, CANIAS oder die Finanzlösungen FibuNet und Portolan EVM. Von den bekannteren Lösungen mit dem Zielsegment „Mittlere Unternehmen“ sind vor allem APplus sowie – mit einigem Abstand – FEPA, BMD (AT), proAlpha, FOSS und Oxaion recht gut positioniert.

Die Studie zeigt insgesamt, dass sich die Größe und Komplexität einer ERP-Installation deutlich dämpfend auf die Anwenderzufriedenheit auswirkt. Gründe hierfür sind ein hohes Anforderungsniveau in Verbindung mit spürbar größerem Aufwand bei auf Einführung, Wartung und (End-) Anwenderbetreuung. Wichtige Indikatoren für die Komplexität einer Installation sind neben der Anzahl der ERP-Anwender z.B. auch der implementierte Funktionsumfang, die Zahl der an die ERP-Lösungen angebundenen Standorte und der Grad der Internationalisierung der Installation.

Ebenfalls nachteilig auf die Anwenderzufriedenheit wirken sich veraltete Release-Stände aus - ein Aspekt, der auch eher die größeren ERP-Installationen belastet, da sie - offenbar aufgrund des mit dem Release-Wechsel verbundenen Aufwands - in größeren Abständen modernisieren.

Trends & Anforderungen

Entscheidende Aspekte bei der ERP-Auswahl, Quelle: Trovarit

Die Studie zeigt, dass sich Umgang und Erwartungshaltung der Anwender im Hinblick auf ERP mit der Zeit deutlich verändern. An der Spitze der Treiber und Trends rangieren 2014 Themen wie „Verbesserung der Usability“, „Mobiler ERP-Einsatz“ sowie einer „Rollen- & Kontextbasierte Benutzerführung“. Diese sind sehr unmittelbar mit der Nutzung der ERP-Software als Werkzeug für den Arbeitsalltag verbunden. Hier schlägt sich sicherlich nieder, dass es mit der Bedienerfreundlichkeit der ERP-Software in der Vergangenheit nicht so weit her war. Zahlreiche Entwicklungsinitiativen auf der Anbieterseite lassen hier für die kommenden Jahre deutliche Fortschritte erwarten.

Einige der Themen, die in den einschlägigen Fachmedien und -kreisen sehr hoch gehandelt werden, offenbaren dagegen noch deutlichen (Er-)Klärungsbedarf: So messen nur 5,7 Prozent der Befragten dem „Cloud Computing“ eine große Relevanz zu, wenn es um ERP geht. Bei „Social Media“ sind es sogar nur 5,2 Prozent und „Industrie 4.0“ landet mit mageren 4,1 Prozent am Ende der Liste der Treiber für Veränderungen des ERP-Einsatzes. Hinzu kommt, dass fast 40 Prozent der Befragten angeben, mit dem Begriff „Industrie 4.0“ nichts anfangen zu können, was in ähnlichem Maße auch für Themen wie „Big Data“ oder „Bring Your Own Device/BYOD“ gilt. Dementsprechend tauchen bei den genannten Anforderungen an ERP-Systeme diese Begriffe selten auf, wenn sie sich auch zum Teil hinter Aspekten wie z.B. „Moderne Technologie“ verstecken mögen.

Die wichtigste Anforderung bei der Auswahl einer ERP-Lösung war bei allen bisherigen Untersuchungen und bleibt auch weiterhin die „funktionale Eignung“, die in ca. 70  Prozent der Projekte als ausschlaggebend genannt wurde. Erst mit einigem Abstand folgen „Praktikabilität/ Mittelstandseignung“ (ca. 41  Prozent) und „Flexibilität der Software“ (ca. 40  Prozent).

Der Aspekt „Flexibilität“ hat in den vergangenen Jahren allerdings deutlich an Bedeutung gewonnen. Ähnliches gilt für „Man kennt sich schon/Beibehaltung des Lieferanten“ (+9,7 Prozent), „Geringe Anschaffungskosten“ (+5,8 Prozent), „Usability/Anwenderfreundlichkeit“ (+4,7 Prozent), „Mobile Nutzbarkeit“ (+4,1 Prozent)  und „Internationale Ausrichtung der Software“ (+3,5 Prozent).

Die „Release-Fähigkeit“ der Software und die „Betriebskosten“ sind dagegen weniger ausschlaggebend, wenn es um die Anschaffung einer neuen ERP-Lösung ging. Dies scheint sich in der Folge zu rächen, da z.B. der „Aufwand bzw. Support bei Release-Wechseln“ überdurchschnittlich stark kritisiert werden. Offenbar sind derartige Leistungskriterien den Anwendern aber in der Auswahlphase entweder nicht gegenwärtig oder aber einfach schlecht zu greifen, so dass sie kaum berücksichtigt werden (können).

Je nach Größe des Unternehmens unterscheiden sich die Anforderungsschwerpunkte zum Teil recht deutlich. Größere Unternehmen legen überdurchschnittlich viel Wert auf „Funktionalität“, „Moderne Technologie“, „Technologieplattform der ERP-Lösung passt zu den Vorgaben der IT-Strategie“ und „Internationale Ausrichtung der Software“. Darüber hinaus sind bei größeren Unternehmen die „Wirtschaftliche Perspektive des Anbieters“ und eine „große Verbreitung der ERP-Software“ besonders wichtig. Kurz: Größere Unternehmen legen sehr großen Wert auf alle Aspekte, die „Investitionssicherheit“ und einen effizienten IT-Betrieb belegen. Kleinere Unternehmen legen überdurchschnittlich viel Wert auf die „Mittelstandseignung“ und die „Bedienerfreundlichkeit“ der Software. Darüber hinaus spielen die regionale Nähe sowie das Auftreten des Anbieters eine überdurchschnittliche Rolle. Kurz: Bei kleineren Unternehmen stehen der unmittelbare Nutzen und die Praktikabilität der ERP-Software deutlich stärker im Vordergrund.

Das Management Summary mit den wichtigsten Ergebnissen der Studie steht bei Trovarit zum kostenlosen Download zur Verfügung. Auf der IT & Business werden am ersten Messetag (8.10.2014) von 14:30 bis 15:00 Uhr auf dem Business Forum ERP in Halle 4 in einem Vortrag weitere Details aus der Studie präsentiert.

Hintergrund zur Studie

Die Hintergrundinformationen zur Studie verdeutlichen die Aussagekraft: Mit insgesamt mehr als 12.000 Teilnehmern bis 2014, ist die Studie „ERP-Praxis - Anwenderzufriedenheit, Nutzen & Perspektiven"  der größte Erfahrungsaustausch unter ERP-Anwendern. Die Studie wurde seit 2004 im Zweijahres-Rhythmus in Deutschland durchgeführt und zuletzt auf die Schweiz, Österreich, die Niederlande und die Türkei ausgedehnt.

Das Trovarit Research-Team wird dabei von einer internationalen Expertengruppe unterstützt. In dieser sind u.a. das Forschungsinstitut für Rationalisierung (FIR) an der RWTH Aachen, die 2BCS AG (Schweiz), Der ERP-Tuner (Österreich), pragmatiQ (Niederlande) and Trovarit Danismanlik Ltd. (Türkei) vertreten.

Dr. Karsten Sontow

ist Vorstand bei der Trovarit AG.